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13. März 2020

„Berliner Testament“ bei der Erbschaftsteuer oftmals ungünstig

Beim sogenannten „Berliner Testament“ setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein. 

Die Kinder der Ehegatten werden dabei erst als Schlusserben eingesetzt.

Oftmals errichten Ehegatten bei der Eheschließung eins solches „Berliner Testament“, das dann jahrzehntelang unverändert bleibt. Gerade mit steigendem Vermögen und steigendem Lebensalter kann es aber aus erbschaftsteuerlicher Sicht Sinn machen, das einmal abgefasste Testament zu ändern.

Ist der überlebende Ehegatte Alleinerbe, so kann nur der Ehegatten-Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbstG in Höhe von 500.000 Euro für das Erbe vom verstorbenen Ehegatten genutzt werden. Die übersteigende Erbschaft hat der überlebende Ehegatte dann mit Erbschaftsteuersätzen zwischen 7 Prozent und 30 Prozent zu versteuern. Will der überlebende Ehegatte dann sein Vermögen an die Kinder weitergeben, kann er zu jedem Kind nur einen Kinder-Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro nutzen. Der Kinder-Freibetrag des verstorbenen Ehegatten ist verloren. Insofern kann es zu Erbschaftsteuer-Kumulierungen kommen, wenn zunächst der überlebende Ehegatte und anschließend die Kinder ein- und dasselbe Vermögen erben.

„Gestaltend lässt sich beim Tod eines Ehegatten mit Berliner Testament oftmals nur noch mit der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen durch die Kinder eingreifen“, erläutert Diplom-Finanzwirt Matthias Winkler, Steuerberater und Geschäftsführer bei der Regensburger Steuerberatungsgesellschaft WW+KN. Die Kinder machen dabei den Pflichtteil gegenüber dem überlebenden Elternteil für das Erbe des verstorbenen Elternteils geltend. Der Pflichtteil mindert das Erbe des überlebenden Ehegatten und damit dessen Erbschaftsteuerbelastung, während für den geltend gemachten Pflichtteil beim Kind der Kinder-Freibetrag des verstorbenen Elternteils genutzt werden kann.

Ein „Berliner Testament“ sollte daher unter anderem in folgenden Fällen überdacht werden:

  • Höheres oder hohes Lebensalter der Ehegatten, bei dem ein zeitnahes Ableben nacheinander nicht unwahrscheinlich ist.
  • Höheres Vermögen der Ehegatten, das über die steuerlichen Freibeträge hinausgeht und nicht für die Versorgung des überlebenden Ehegatten erforderlich ist.

„Gerade bei Immobilien lassen sich an dieser Stelle auch Gestaltungen dergestalt durchführen, dass der überlebende Ehegatte einen Nießbrauch an den Immobilien erhält, während die Substanz an die Kinder übergeht“, erläutert WW+KN-Steuerberater Winkler. Dadurch bleibt der überlebende Ehegatte über den Nießbrauch versorgt, kann die Immobilie nutzen oder die Mieteinnahmen weiter beziehen, während das Kind nur die Gebäudesubstanz erhält und dabei seinen Freibetrag gegenüber dem verstorbenen Elternteil nutzen kann.