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17. April 2020

Schenkungsteuer wegen eines Gemeinschaftskontos von Ehegatten?

Die meisten Ehepaare richten nach der Heirat ganz selbstverständlich ein Gemeinschaftskonto („Oder-Konto“) ein.

Vielen ist dabei aber nicht bekannt, dass ein solches Gemeinschaftskonto bei unterschiedlichen Einzahlungen der Ehepartner zu einer Schenkungsteuerfalle werden kann.

Zivilrechtlich können beide Ehegatten gleichermaßen und unabhängig voneinander über ein Gemeinschaftskonto frei verfügen. Beiden Ehegatten steht damit auch ein Guthabenstand des Oder-Kontos zu gleichen Teilen zu, wenn es keine gegenteiligen Vereinbarungen zwischen beiden gibt. Insoweit gilt die Vorgabe des § 430 BGB, wonach Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen berechtigt sind, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Gutverdiener im Fokus der Finanzbehörden

„Gerade bei Gutverdienern wie Führungskräften, Freiberuflern oder Unternehmern greifen die Finanzämter seit einiger Zeit verstärkt das Thema ´Oder-Konto´ bei Ehegatten auf“, sagt Diplom-Finanzwirt Matthias Winkler, Steuerberater und Geschäftsführer bei der Regensburger Steuerberatungsgesellschaft WW+KN. Problematisch sind Fälle, bei denen durch einen Ehegatten hohe Zahlungen aus Gehältern, Tantiemen, Boni, Abfindungen, Praxisgewinnen oder Gewinnausschüttungen auf das Gemeinschaftskonto fließen. Die Finanzverwaltung argumentiert hier, dass mit dem Zufluss auf das Gemeinschaftskonto der zahlungsempfangende Ehegatte den am Konto beteiligten Ehegatten mit der Hälfte der Einzahlung „beschenkt“. Übersteigen diese gedachten Schenkungen innerhalb von zehn Jahren den Ehegatten-Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro, setzt das Finanzamt Schenkungsteuer fest.

Rechtsprechung teils contra Finanzverwaltung

Aufgrund des Vorgehens der Finanzverwaltung musste sich auch die Rechtsprechung in den letzten Jahren zu dieser Thematik mehrfach positionieren. Die Rechtsprechung will nicht von Vornherein bei der Überweisung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto eine Schenkung an den anderen Ehegatten annehmen, sondern auf die Gesamtumstände des Einzelfalls abstellen. Der erste Anschein spreche in solchen Fällen zwar für eine Schenkung, aber durch überzeugende Nachweise kann diese Annahme auch widerlegt werden.

In zwei Entscheidungen (BFH vom 23. November 2011, II R 33/10 und BFH vom 30. November 2009, II R 70/06) hatte sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Thematik des Gemeinschaftskontos bei Ehegatten auseinanderzusetzen. Die Bundesrichter griffen dabei auf die Legaldefinition einer Schenkung in den §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) zurück. Als Schenkung gilt danach jede freigiebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigiebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist. Dies erfordert, dass der Empfänger der Zuwendung über diese im Verhältnis zum Leistenden tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann.

Nach der gesetzlichen Definition kann damit auch der Übertrag von einem Konto eines der Ehegatten auf das Gemeinschaftskonto beider Ehegatten eine Schenkung an den anderen Ehegatten darstellen. Mit seinem Urteil vom 23. November 2011 (II R 33/10) hat der Bundesfinanzhof festgelegt, dass eine Bereicherung des anderen Ehegatten dann vorliegt, wenn und soweit dieser im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei über das übertragene Guthaben verfügen kann. Maßgebend ist nach der Rechtsprechung ausschließlich die Zivilrechtslage und nicht die wirtschaftliche Betrachtung.

Fallgestaltungen mit „Alleinkonto“ und „Oder-Konto“

Im Grundsatz lassen sich folgende Fallgestaltungen aus der Rechtsprechung ableiten:

  • Überweist ein Ehegatte Geld auf ein Konto oder Depot, das alleine auf den anderen Ehegatten lautet, ist der die Zahlung empfangende, andere Ehegatte unzweifelhaft alleiniger Gläubiger der Guthaben gegenüber der Bank. Auch eine erteilte Konto- oder Depotvollmacht für den überweisenden Ehegatten ändert daran nichts, wenn das Konto bzw. Depot alleine auf den anderen Ehegatten lautet. Bei der Überweisung vom Konto eines Ehegatten auf das Konto oder Depot eines anderen Ehegatten ist daher in der Regel von einer Schenkung auszugehen, wenn es keine abweichenden Vereinbarungen, wie beispielsweise einen Darlehensvertrag, gibt.
  • Wird von einem Ehegatten eine Überweisung auf ein „Oder-Konto/-Depot“ (Gemeinschaftskonto) ausgeführt, ist davon auszugehen, dass die Guthaben beiden Ehegatten jeweils zur Hälfte zustehen. Einseitige Einzahlungen eines Ehegatten können daher zu Schenkungen an den anderen Ehegatten führen. Die Schenkung fällt dabei in der Regel mit dem hälftigen Überweisungsbetrag an, wenn es keine anderen Vereinbarungen dazu gibt.

Behaupten Ehegatten bei der Feststellung der Schenkung durch das Finanzamt, dass das betreffende Vermögen dem jeweils anderen Ehegatten gehört und daher keine Schenkung vorliegen würde, trifft sie die Beweislast. Der Nachweis, dass der andere Ehegatte Eigentümer des Vermögens ist, kann beispielsweise durch Vorlage einer Treuhandvereinbarung oder von Quittungen über Auslagen geführt werden. Fehlen dagegen solche schriftlichen Vereinbarungen, kann gegebenenfalls noch durch die tatsächliche Abfolge eine Widerlegung der Schenkung erfolgen.

Eine solche Widerlegung könnte möglicherweise geführt werden, wenn es zwar ein „Oder-Konto“ beider Ehegatten gibt, auf welches das Gehalt des besserverdienenden Ehegatten geht, aber Kapitalanlagen dann von diesem Konto aus nur über ein alleiniges Depot dieses besserverdienenden Ehegatten erfolgen. Erfolgen Kapitalanlagen über das „Oder-Konto“ dagegen über ein auf beide Ehegatten lautendes Gemeinschaftsdepot, wird der Nachweis der getrennten Vermögensbereiche wohl bei fehlenden schriftlichen Nachweisen nicht mehr gelingen.

Die Aufhebung des ehelichen Güterstands als Notlösung?

Ist eine Schenkung zwischen Ehegatten festgestellt und kann diese nicht widerlegt werden, bleibt möglicherweise noch die Beendigung der güterrechtlichen Zugewinngemeinschaft als Ausweg. Doch auch dieser Weg ist mit vielen Fallstricken und Risiken behaftet, wie eine Entscheidung des Finanzgerichts Hessen vom 7. Mai 2018 (10 K 477/17) zeigt.