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23. September 2019

Vermögensteuer contra Mittelstand?

Die Steuerkanzlei WW+KN gibt ein Update zur aktuellen Diskussion über die Wiedereinführung der Vermögensteuer.
Aktuelle Diskussion: Die Steuerkanzlei WW+KN warnt vor einer Wiedereinführung der Vermögensteuer.

REGENSBURG. Seit mehr als 20 Jahren gibt es in Deutschland keine Vermögensteuer mehr. Die Erhebung der Vermögensteuer war nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende 1996 eingestellt worden. Die Verfassungsrichter hatten die ungleiche Besteuerung von Immobilien- und Geldvermögen moniert und dem Gesetzgeber eine Neuregelung auferlegt. Nachdem sich die Parteien auf eine solche Neuregelung nicht verständigen konnten, durfte die Vermögensteuer ab 1997 nicht mehr erhoben werden.

Seitdem fordert die SPD konsequent eine Wiedereinführung der Steuer und hat nun ein Konzept dazu vorgelegt, das viele Unternehmer und Verbände aufschrecken ließ. „Auch wir nehmen in der Beratung von mittelständischen Firmen wahr, dass das Thema ´Vermögensteuer´ stark präsent ist, weshalb wir die politische Diskussion dazu sehr genau verfolgen“, sagt Diplom-Finanzwirt Matthias Winkler, Steuerberater und geschäftsführender Gesellschafter bei der Regensburger Steuerberatungsgesellschaft WW+KN.

Das Konzept der SPD sieht folgende wesentliche Eckpunkte vor: Immobilien- und Betriebsvermögen sollen in Anlehnung an die Erbschaftsteuer bewertet werden, womit jeweils der Verkehrswert oder ein nahe dem Verkehrswert liegender Wert zum Ansatz käme. Pro Steuerpflichtigem soll es persönliche Freibeträge von einer Million Euro geben. Vermögen von mehr als einer Million Euro bis zu 20 Millionen Euro sollen mit einem Prozent, darüber liegende Vermögen bis zu 100 Millionen Euro mit 1,5 Prozent besteuert werden. Für sogenannte „Superreiche“ sieht das Konzept zwei weitere Besteuerungsstufen vor: Vermögen bis zu einer Milliarde Euro sollen mit 1,75 Prozent und über einer Milliarde Euro mit zwei Prozent besteuert werden. Auch Kapitalgesellschaften sollen besteuert werden, wobei es Verschonungsregelungen für kleine und mittlere Unternehmen geben soll. Ferner soll sichergestellt werden, dass Gesellschaft und Anteilseigner nicht doppelt Vermögensteuer zahlen, sondern dass die Steuer auf beide hälftig verteilt wird.

Mit ihrem Konzept kalkuliert die SPD Steuermehreinnahmen von bis zu zehn Milliarden Euro im Jahr, welche dann den Bundesländern zufließen sollen. Negative Auswirkungen für den Standort Deutschland und seine Unternehmen erwartet die Partei nicht, da aus ihrer Sicht auch andere Länder Vermögensteuern erheben und durch gesetzliche Regelungen Verlagerungen ins Ausland gerade verhindert werden sollen. Union und FDP lehnen die Vermögensteuer dagegen kategorisch ab.

„Aus Sicht des Mittelstands ist die Vermögensteuer ganz klar abzulehnen“, sagt Winkler. Gerade den Mittelstand wird die Steuer am meisten treffen und birgt für ihn die größten Unsicherheiten bei der Abgrenzung von Betriebs- und Privatvermögen. Typischerweise haben mittelständische Firmeninhaber die höchsten Vermögenswerte in ihren Betrieben gebunden. Auch müsse man an den hohen bürokratischen Aufwand denken, den die jährliche realitätsgerechte Bewertung von Immobilien und Betrieben im In- und Ausland mit sich bringt, um die Erhebung der Vermögensteuer verfassungsfest zu machen.

„Die Wiedereinführung der Vermögensteuer ist mit hohem politischen Symbolwert verbunden“, meint Winkler. Gleich hohe Steuermehreinnahmen könne der Staat auch wesentlich leichter durch die Einführung einer höheren Umsatzsteuer für Luxusartikel oder einer Erhöhung der Einkommensteuer erreichen. Dort könne der Steuerpflichtige die Steuer aus seinen Erträgen begleichen. Bei der Vermögensteuer sei er dagegen darauf angewiesen, seine Erträge zu steigern, da er andernfalls Vermögenswerte veräußern müsste, um die Steuer bezahlen zu können. „Um die Vermögensteuer mit einem Prozent zu zahlen, muss der Steuerpflichtige eine Rendite von pauschal zwei Prozent haben, damit ihm nach Abzug der Einkommensteuer noch genügend Liquidität für die Zahlung der Substanzsteuer verbleibt“, erläutert der Experte.

Winkler erwartet daher weiter steigende Mieten, die Umschichtung von Immobilienvermögen in liquides Vermögen sowie deutlich stärkeren Renditedruck für mittelständische Firmen, falls die Vermögensteuer wieder eingeführt würde. Auch den Vergleich mit anderen Ländern lässt er nicht gelten, da es dort neben der Vermögensteuer entweder keine Erbschaftsteuer oder deutlich niedrigere Einkommensteuern gebe.

(Beraten Mandanten frühzeitig, wenn sich im Bereich ´Vermögensteuer´ neue Entwicklungen abzeichnen sollten(von links nach rechts):
Markus Krinninger, Marcel Radke, Matthias Winkler, Kerstin Winkler und Prof. Dr. René Neubert von WW+KN München und Regensburg / Foto: WW+KN)