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2. April 2020

Wie funktioniert „Kurzarbeit“ aus Arbeitgebersicht?

Beratertipp der Steuerkanzlei WW+KN: Bei Arbeitsausfall Kurzarbeit beantragen

Infolge der „Corona-Krise“ sind viele Betriebe derzeit geschlossen oder können nur in verringertem Umfang weiterarbeiten. Diese Situation ist einmalig und nicht wenige Firmeninhaber befassen sich in diesen Tagen erstmals mit dem Thema „Kurzarbeit“, um betriebsbedingte Kündigungen von Mitarbeitern zu vermeiden.

„Wer von einem Arbeitsausfall im Betrieb betroffen ist, sollte sich nicht scheuen und in jedem Fall Kurzarbeit beantragen“, rät Steuerberater Marcel Radke von der WW+KN Steuerberatungsgesellschaft mbH in Regensburg. Er hält das von der Agentur für Arbeit gezahlte Kurzarbeitergeld für einen wichtigen Baustein zur Liquiditätssicherung in den von der Krise betroffenen Unternehmen und Freiberuflerpraxen mit Angestellten.

Im ersten Schritt muss ein Arbeitgeber den Arbeitsausfall anzeigen und die Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit beantragen. Das Anzeigeformular steht im Downloadcenter der Agentur für Arbeit unter www.arbeitsagentur.de/unternehmen bereit. Das Formular kann sodann ausgefüllt in Printform an die Agentur für Arbeit gesendet oder online übermittelt werden. „Der Online-Zugang der Agentur für Arbeit erfordert aber Zugangsdaten, die per Post zugesandt werden, was derzeit wegen der Überlastung der Behörde schwierig ist“, sagt Radke. Die Anzeige muss in dem Monat bei der Arbeitsagentur eingegangen sein, in dem der Arbeitsausfall erstmalig eingetreten ist. Für den Monat März also spätestens bis zum 31. März.

Als Dauer für den Arbeitsausfall können derzeit maximal zwölf Monate angegeben werden. Viele Betriebe beantragen aber derzeit eher eine Kurzarbeit für sechs Monate und rechnen mit einer Besserung der Lage im Sommer. Eine Verlängerung der Kurzarbeit kann aber später noch beantragt werden. Entscheidend für die Beantragung ist, dass mindestens zehn Prozent der Mitarbeiter im Betrieb einen Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ihres Bruttogehalts durch fehlende Arbeit haben. Als Begründung reicht derzeit nach Behördeninformationen die Angabe „Arbeitszeitausfall wegen Corona-Krise“ aus.

Der Antrag auf Kurzarbeit kann für Unternehmen auch bei mehreren Standorten nur einheitlich abgegeben werden. Zuständig ist die Agentur für Arbeit, bei der der Standort der Lohnbuchhaltung ist. Dort wird der Antrag für alle Betriebsteile und Standorte gestellt. Der Antrag auf Kurzarbeit kann dabei für den ganzen Betrieb, einzelne Standorte oder einzelne Abteilungen gestellt werden.

Nach der aktuellen Kurzarbeiter-Regelung müssen Überstunden vor Beantragung der Kurzarbeit nur in bestimmten Fällen abgebaut werden. D.h. möglicherweise kann auch bei Vorliegen von Überstundenguthaben schon Kurzarbeit beantragt werden. Die Prüfung muss hier im Einzelfall erfolgen. In jedem Fall muss der betroffene Arbeitnehmer aber seinen Urlaub aus dem Vorjahr abbauen, ehe für ihn Kurzarbeitergeld bezogen werden kann. Der laufende Urlaub bleibt nach der neuen Regelung unangetastet und es kann auch grundsätzlich nicht einseitig vom Arbeitgeber Urlaub für das laufende Jahr wegen Arbeitsausfall angeordnet werden.

„Häufig wird übersehen, dass die Arbeitnehmer der Kurzarbeit zustimmen müssen“, sagt WW+KN-Steuerberater Radke. Bei Firmen mit Betriebsrat wird hier eine Betriebsvereinbarung geschlossen. Bei Betrieben ohne Betriebsrat muss die Möglichkeit der Kurzarbeit entweder im Arbeitsvertrag vorgesehen sein oder es muss mit jedem Mitarbeiter eine Einzelvereinbarung dazu geschlossen werden. Dabei besteht die Möglichkeit, dass die Arbeitszeit der Mitarbeiter bis auf „null“ reduziert wird. Hat sich die Arbeit um 50 Prozent reduziert, kann die Arbeitszeit auf 50 Prozent reduziert wird. Für die Zeit des Arbeitszeitausfalls wird Kurzarbeit beantragt.

Auch in der Kurzarbeit zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer sein Gehalt weiter. Der Arbeitgeber beantragt erst im Nachgang zur Lohn- und Gehaltsabrechnung die Erstattung des Kurzarbeitergeldes bei der Agentur für Arbeit. Kurzarbeitergeld wird analog zum Arbeitslosengeld gesetzlich mit 60 % des üblichen Nettoeinkommens gewährt. Bei Arbeitnehmern mit Kind erhöht sich dieser Betrag auf 67 %. Viele Arbeitgeber gewähren darüber hinaus noch Aufstockungen, damit der Arbeitnehmer beispielsweise auf 80 oder 90 Prozent seines üblichen Nettoeinkommens kommt. Die Aufstockungsbeträge zahlt der Arbeitgeber aber selbst ohne Erstattungsanspruch gegenüber der Arbeitsagentur.

Auch für Auszubildende wurde jetzt eine Sonderregelung beim Kurzarbeitergeld geschaffen, die wiederum im Einzelfall zu prüfen ist. Grundsätzlich sollen Auszubildende als Letzte von Kurzarbeitsmaßnahmen betroffen sein. Laufender Urlaub von Arbeitnehmern ist in der Kurzarbeitsphase weiterhin regulär zu vergüten. Bei Krankheit in der Kurzarbeit erfolgt die Lohnfortzahlung in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Für Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis aufgehoben oder gekündigt wurde, kann kein Kurzarbeitergeld gewährt werden.

Marcel Radke, Steuerberater und Gesellschafter bei der Regensburger Steuerberatungsgesellschaft
WW+KN informiert über Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld. Foto: WW+KN / Lukas Pokorny