Beratertipp der Steuerkanzlei WW+KN: Erbschaftsteuerliche Bewertung von Immobilien
„Häufig ist Grundstückseigentümern unklar, wie der Wert ihrer Immobilien für erbschaftsteuerliche Zwecke ermittelt wird“, berichtet Diplom-Finanzwirt Matthias Winkler, Steuerberater und Geschäftsführer bei der Regensburger Steuerberatungsgesellschaft WW+KN. Ziel des Gesetzgebers ist es, Immobilien bei der Erbschaftsteuer mit dem Verkehrswert zu ermitteln. Die Ermittlung des Verkehrswerts stellt dabei eine besondere Herausforderung dar, wenn es im Markt keine oder nur wenig vergleichbare Verkäufe von Immobilien gibt. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber Ende 2022 auch einige Änderungen bei der erbschaftsteuerlichen Immobilienbewertung eingeführt. Diese sollen eine verkehrswertnähere Bewertung für Vermögensübertragungen nach dem 1. Januar 2023 gewährleisten.
Oft erfolgt Überbewertung
Im Grundsatz sieht das Bewertungsgesetz (BewG) drei Möglichkeiten vor, wie Immobilien für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke bewertet werden können:
Vergleichswertverfahren: Das Vergleichswertverfahren kommt in der Regel bei Ein- und Zweifamilienhäusern sowie bei Eigentumswohnungen zur Anwendung, wenn ausreichend Vergleichswerte in örtlicher Nähe verfügbar sind. Die tatsächlich realisierten Verkaufspreise anderer Immobilien werden dabei auf Anfrage vom Gutachterausschuss mitgeteilt. Zum Vergleich herangezogen werden dabei in der Regel Baujahr, Adresse oder Wohnfläche. Der Vergleichswert liegt dem Verkehrswert der Immobilie meist am nächsten.
Ertragswertverfahren: Das Ertragswertverfahren wird in der Regel für vermietete Immobilien oder gemischt genutzte Grundstücke herangezogen. Dabei werden der Bodenwert und die künftigen Einnahmen aus der Vermietung zu einem Ertragswert addiert. Der dabei ermittelte Wert wird um Bewirtschaftungskosten und die Bodenwertverzinsung gemindert. Der Ertragswert führt in vielen Fällen zu einem etwas niedrigeren Wert als dem Verkehrswert.
Sachwertverfahren: Kann der Wert einer Immobilie weder durch Vergleichs- noch durch Ertragswertverfahren ermittelt werden, kommt das Sachwertverfahren zur Anwendung. Hierbei werden Boden- und Gebäudesachwert addiert. Der Gebäudesachwert ergibt sich aus der Grundfläche der Immobilie multipliziert mit den Normalherstellungskosten. Davon wird die Alterswertminderung abgezogen und es erfolgt eine Multiplikation mit dem sogenannten Sachwertfaktor. Dieser kann dabei oft zu Überwertungen führen.
Eigenes Gutachten erlaubt
In der Praxis führen Vergleichs- und Sachwertverfahren oftmals zu den höchsten und das Ertragswertverfahren zu den niedrigsten Wertansätzen. Die Anwendung des Vergleichswertverfahrens ist zudem häufig problematisch, da sich Immobilien meist nur sehr schwer „vergleichen“ lassen. Das Sachwertverfahren war in der Vergangenheit oftmals günstig, wobei sich durch die Einführung von generellen Regional- und Sachwertfaktoren seit dem Jahreswechsel eine erhebliche Verschlechterung eingestellt hat und sogar in einer Reihe von Fällen mittlerweile Überbewertungen festzustellen sind. Inzwischen liegen die Sachwertfaktoren für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie für Eigentumswohnungen bei 0,8 bis 1,8. Auch beim Ertragswertverfahren ergaben sich infolge der Änderungen seit Jahresbeginn Höherbewertungen, da unter anderem auch die Höhe der Bewirtschaftungskosten und die Liegenschaftszinssätze angepasst wurden.
„Um steuerliche Überbewertungen von Immobilien zu vermeiden, eröffnet Paragraph 198 Bewertungsgesetz dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, einen tatsächlich niedrigeren Verkehrswert durch ein Sachverständigengutachten nachzuweisen“, erläutert WW+KN-Experte Winkler. Ein solches Sachverständigengutachten ist insbesondere dann empfehlenswert, wenn die Immobilie über wertmindernde Besonderheiten verfügt, wie beispielsweise die unmittelbare Lage an einer Bahnstrecke oder Gebäudeschäden. Das Sachverständigengutachten muss aber, um vom Finanzamt anerkannt zu werden, hohen Standards entsprechen.
Gerade angesichts steigender Immobilienwerte, die indessen auch durch die Inflation getrieben werden, empfiehlt Winkler, frühzeitig eine Übertragung von Immobilien auf die nächste Generation anzudenken. Hilfreich können dabei Nießbrauchs- und Wohnrechte zugunsten des Übergebers sein, die diesen einerseits absichern und andererseits den schenkungsteuerlichen Wert mindern.
(Quelle: WW+KN GmbH Steuerberatungsgesellschaft, Regensburg, www.wwkn.de, regensburg@wwkn.de)